Eines hat sich über all die letzten Jahre nicht verändert: Nach wie vor spielen die legendären, mittlerweile ja auch über die Grenzen Texas' hinaus und besonders diesseits des Atlantik umjubelten Resentments regelmäßig Sonntag für Sonntag im berühmten Saxon Pub im Süden Austins, wo sie sich verdientermaßen den Titel "the best bar band in the world" erwarben.
Inzwischen haben sie allerdings mit einer ganzen Reihe von veritablen Veröffentlichungen bewiesen, dass sie ihr enormes musikalisches Potenzial, die Lust am Zusammenspiel und ihr individuelles Charisma nicht an der Studiotür abgeben, sondern in beachtliche Produktionen stecken können, die zum Besten gehören, was handgemachte, wertkonservative, erdnahe Texamericana/Roots Rock Music heutzutage zu bieten hat!
Und eines hat sich dann doch geändert: Jon Dee Graham ist nicht mehr dabei! Ausgerechnet Graham, der sicherlich für viele Fans mit seiner schillernden Solokarriere im Gepäck und mit seiner cool-lässigen, unendlich unterhaltsamen Bühnenpräsenz das Salz in der Resentments-Suppe war. Kann das ohne ihn überhaupt funktionieren?! Nach dem absoluten Hörgenuss der 13 Songs des brandneuen Albums 'Roselight' gibt es nur eine Wahrheit: ja! In der Tat haben es die "übrigen" Resentments, die auch nicht gerade im Verdacht einer zweiten Garnitur stehen, vollbracht, nicht nur den Abgang eines ihrer vornehmlichsten Protagonisten zu kompensieren, sondern ihr bandorientiertestes, atmosphärisch dichtestes und songqualitativ stärkstes Werk bis dato zu produzieren! Die Herausforderung, Jon Dee Grahams Lücke zu füllen, haben sie also mit Bravour und Verve gemeistert. Sie..., das sind Stephen Bruton (Gitarrist, Sessionplayer und Solomann extraordinaire, seit 1970 u.a. als Kris Kristofferson-Sidekick dabei), "Scrappy" Jud Newcomb (ex-Loose Diamonds-Frontmann, ausgebuffter Sessiongitarrist und soeben erst mit seinem 3. Soloalbum 'Ride The High Country' am Start), Bruce Hughes (ex-Poi Dog Pondering/Ugly Americans/Bob Schneider-Bassist/Gitarrist) und Drummer John Chipman, der im März 2008 zu Beginn der SXSW vom Austin Chronicle als bester Drummer des Jahres ausgezeichnet wurde und parallel in der Band Of Heathens spielt! Im Bandkontext können sie ihre Vorlieben für Rock, Country und Blues gemeinsam ausleben, ihre Songs, Stimmen und Instrumente (Gitarren, Gitarren, Saiten, Saiten...) für sich sprechen lassen. Dabei werden jegliche Americana-Grenzen übertreten, Definitionen von Country, Roots, Rock'n Roll, Folk, Singer/Songwriter, Acoustic Rock, Roadhouse Blues und Border Music kräftig durcheinander geschüttelt!
'What Love Can Do' heißt es zur Eröffnung und wie erleben die Resentments bereits in ihrer vollen Pracht: eine muntere Uptempo/Rootsnummer mit Louisiana-Flair von Stephen Bruton (und Al Anderson/Ex-NRBQ) mit einem breiten Spektrum von akustischen Gitarren, Mandolinen und hervorstechendem Akkordion von Gast Joel Guzman (Joe Ely, Tom Russell, Flatlanders). 'Look Up' - nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Jon Dee Graham-Song - ist einer von drei Beiträgen des Bassisten Bruce Hughes, der seine vermeintliche Außenseiterrolle innerhalb der Band nunmehr endgültig abgelegt hat. Jud Newcomb's kratzige Reibeisenstimme hören wir zum ersten Mal auf der ausgesuchten Carter Family-Adaption 'Wanderin' Boy'; dazu viel Mandoline, Baritongitarre, eine erdige Rhythm Section und Texas-Blueser Johnny Nicholas an der Harmonica. Geradezu herausragend kommt danach der von Bruton und Alejandro Escovedo komponierte Titelsong: erstklassige Vocals, satte Drums & Percussion, subtil arrangierte Akustikgitarren und wieder Joel Guzman an den Knöpfen und Tasten - eher frankophil als texmexikanisch. Auf dem Funk/Groove/Bass-betonten 'Wish The Wind' von Bruce Hughes bringen die ansonsten dem akustischen Roots Rock verpflichteten Resentments ein seltenes Electric Lead Solo, bevor Jud Newcomb seinen ersten Songbeitrag 'Riverside' anstimmt - einfach wunderschön klingende Gitarren vor dezent ausgeklügeltem Backbeat. 'Struttin' My Stuff' ist klassischer Muscle Shoals-Stoff, geschrieben von Donnie Fritts und dem lange verstorbenen Eddie Hinton; der besonders als Kris Kristofferson-Begleiter bekannt gewordene Fritts gastiert hier am Wurlitzer Piano und Drummer John Chipman hängt sich in seinen einzigen Auftritt als Leadsänger mächtig rein! 'Holdin' On To Nothin' ist ein weiterer Stephen Bruton-Beitrag, auf dem er mit Guitar & Vocals einen so nachhaltig präsenten Eindruck hinterlässt, dass all seine gesundheitlichen Probleme der jüngeren Vergangenheit (hoffentlich) überwunden scheinen! Der engagiert vorgetragene Call & Response-Gesang von Storyville-Shouter Malford Milligan passt genial dazu. Newcombs 'Where Did The Time Go?' mögen manche schon von seiner jüngsten Solo-CD her kennen, 'Nice To Meet You' ist ein weiterer elektrischer Rocker von Hughes, wonach es zur besten Ballade des Albums geht: 'Build Your Own Prison' von Billy Bob Thornton's Boxmasters. 'Gettin's Good' ist eine von vielen Co-Arbeiten Brutons mit dem bekannten Nashville-Songschreiber Gary Nicholson, 'Home Again' von dem talentierten Country/Folkie Jeff Plankenhorn gerät in einer relaxten, gut abgehangenen Texas Folk Rock-Version zu einem perfekten Abschluss einer richtig starken Platte!
Ja, es war tatsächlich ein langer Weg von der Sunday Night Band im Saxon Pub als Austins bestgehütetstes Geheimnis zu einer der renommiertesten Roots-Combos der gesamten Americana-Szene. Mit 'Roselight' belegen die Resentments diese Entwicklung auf eindrucksvolle Art und Weise!