Mit ihrem brandneuen, insgesamt siebten Album 'They Promised You Mercy' avanciert die außergewöhnliche kanadische Singer/Songwriterin Amelia Curran mal wieder zum "Stolz Neufundlands", genauer: zum musikalischen Aushängeschild der erlesenen Künstlerkolonie von St.John's, der ältesten und östlichsten Stadt des nordamerikanischen Kontinents, Regierungssitz der Provinz Newfoundland & Labrador. 'They Promised You Mercy' ist genau der logische, weil formal noch etwas offenere Nachfolger zum Blue Rose-Debüt 'Spectators' von vor zwei Jahren, mit dem Curran auch in Europa die Türen für ihre reizvolle Musik weiter öffnen konnte.

Amelia Curran hat in St.John's nicht nur die Basics für ihre Musikerkarriere mitbekommen, sondern auch das Talent für andere künstlerische Aktivitäten. So hat sie sich inzwischen ebenso einen Namen als Dramatikerin und Autorin für Theaterspiele gemacht, sogar schon als Schauspielerin in ihren eigenen Stücken auf der Bühne gestanden. Aber ihre große Passion bleibt die Musik. Seit ihrem 2000er Debüt 'Barricade' hat sich Curran praktisch mit jeder neuen Platte weiterentwickelt: 'Trip Down Little Road' (2001), 'Lullaby For Butterflies' (2002) und dann in 2006 mit 'War Brides' die entscheidende Wende zur Profimusikerin auf dem geschätzten kanadischen Six Shooter-Label, mit dem sie bis heute zusammenarbeitet. Es folgte 'Hunter, Hunter' in 2009 mit deutlich mehr Budget für professionellere Aufnahmen. Unzählige Auszeichnungen von lokalen "Folk Recording of the Year"-Erfolgen bis zu renommierten Preisen wie dem begehrten Juno Award und dem Gewinn der "15th Annual USA Songwriting Competition" füllten fortan Curran's Künstlerbio. Ab jetzt galt sie als eine potente Kandidatin für überregionale Wahrnehmungen und internationale Besprechungen.

Im Zuge einer Kooperation zwischen dem innovativen Six Shooter-Label und Blue Rose Records gelangte in 2012 mit Amelia Curran eine der aktuell attraktivsten Persönlichkeiten innerhalb der sogenannten CanAmericana-Szene ins Programm der Schwaben. 'Spectators' war das bereits 6. Album jener so sehr interessanten Singer/Songwriterin, die zwar grob unter "Folk-und-viel-mehr" einsortiert werden kann, sich mit ihrer Musik aber eigentlich kaum noch in engen Grenzen bewegt und auch gerne Ausflüge zum zeitgemäßen Indie Pop und verschiedenen Alt.Americana-Motiven unternimmt.

Waren ihre Lieder auf 'Spectators' noch von eher nachdenklicher bis düsterer Natur, Songwriter-Nummern, die meist im sachten Balladentempo zwischen melancholisch und wehmütig einerseits sowie "outspoken" und geradeheraus andererseits vorgetragen wurden, so geht die Mittdreißigerin auf 'They Promised You Mercy' einen großen Schritt weiter und verknüpft ihren speziellen Folk mit interessanten Elementen aus Rock und Pop. Nicht zuletzt dank ihres neuen Produzenten Michael Phillip Wojeweda (bekannt von seinen Arbeiten für die Barenaked Ladies, Luke Doucet, Rheostatics, Skydiggers, Spirit Of The West u.v.a.) erleben wir Amelia Curran's Musik besonders im ersten Abschnitt deutlich voller und lauter im Sound, auch fröhlicher, optimistischer. Dabei handeln ihre Texte nach wie vor von persönlichen Befindlichkeiten, Emotionen, Herzensdingen und vom Mitgefühl für die Anliegen und Probleme anderer. Das freilich überhaupt nicht gefühlig oder sentimental, sondern äußerst poetisch verpackt - frei nach ihren erklärten Vorbildern Randy Newman, Leonard Cohen, Tom Waits und Neil Young!

Nach einem beschwingten, luftigen Folk Pop-Auftakt mit 'Somebody Somewhere', in dem auch die Zeile des Albumtitels vorkommt, erleben wir bei 'Coming For You' herrlich intensiven, satten Folk Rock mit britischer Note, der sich gegen Ende - von Bläsern und Chor wirkungsvoll unterstützt - zur Hymne steigert. 'I Am The Night' beginnt als sachte federnder, verträumter Guitar Pop mit unwiderstehlichem Dauerriff und endet in einem stetig anschwellenden Arrangement, 'Never Say Goodbye' ist ein straighter, semiakustisch/elektrischer Pop/Rocker inklusive Mitsing-Refrain und definitivem Radio-Appeal. Erst danach kommt ein Verweis auf Curran's früher deutlich reduziertere Musik: 'Time, Time' als leiser Acoustic Folk mit zart getupften Strings. Im starken Kontrast dann 'Song On The Radio' - ein echter Killertrack! Was für eine himmlische Melodie, was für ein Ohrwurmrefrain?! Gitarren-rockig und Banjo-unterstützt, mit perlendem Klavier im Break und mehrstimmigem Chorus zum ausufernden Finale. Auf eleganten, melodischen Troubadour Folk ('The Reverie') folgt breitwandiger Prairie-Balladenrock mit druckvoller Orgel und attraktiver Akkordonuntermalung ('The Matador'). 'Fables & Troubles' bietet klug aufgebauten, dahintrabenden Erzähl-Folk Pop mit viel Fernweh in der Stimme, 'Strike The Band' ist ein wunderschön gesungener, von Klavier, Banjo und Akkordion geschmackvoll flankierter Slow Waltz. Auch zum Abschluss überwiegen die leisen Töne: 'You've Changed' in Form von melancholischem Campfire Country Folk - eindringlich vorgetragen mit dezenter Begleitung von akustischen Gitarren und gleißender Lap Steel, später in eine Art "Folk Crescendo" mündend.

Eingekleidet von Produzent Michael Phillip Wojewodas klangästhetischer Philosophie lebt 'They Promised You Mercy' von der starken Persönlichkeit Amelia Currans und ihrer herbschönen, gefühlvollen Stimme, die nicht selten an Natalie Merchant, Shawn Colvin, Amy Ray von den Indigo Girls oder Margo Timmins von den Cowboy Junkies erinnert. Unter den begleitenden Studiomusikern befinden sich viele Namen aus der großen CanAmericana-Community: Dean Drouillard, Christine Bougie, Andrew Dale, Martin Tielli, Aaron Davis, Bryden Baird, Devon Henderson, William Carn - bekannt von Sarah Harmer, den Rheostatics, Oh Susanna, Blue Rodeo, Holly Cole, Sadies, NQ Arbuckle, Kathleen Edwards, Feist, Great Lake Swimmers, Amy Millan usw.